BUNDjugend  

Zukunftsvision der Jugend für die Landwirtschaft

Anlässlich der diesjährigen „Wir haben es satt!“ Proteste für eine bäuerliche und ökologische Landwirtschaft rund um die „Grüne Woche“ haben wir am 15. Januar 2021 in einem breiten Bündnis aus 12 Jugendverbänden unsere Vision eines nachhaltigen und sozial gerechten Landwirtschafts- und Ernährungssystems veröffentlicht. Anhand von zwölf Thesen entwerfen wir das Zukunftsbild einer Landwirtschaft, die klimafreundlich ausgestaltet ist, in der faire Arbeitsbedingungen herrschen und ländliche Räume ein attraktives Lebensumfeld sind.

Vision der Jugend für ein Landwirtschafts- und Ernährungssystem der Zukunft

Wir brauchen ein Landwirtschafts- und Ernährungssystem, das sich an den planetaren Grenzen und sozialen Kriterien orientiert. Ziel muss eine ökologisch nachhaltige, sozial gerechte, regional ausgerichtete und global verantwortungsvolle Landwirtschaft sein. Dabei müssen das Wohl und die Bedürfnisse von landwirtschaftlichen Erzeuger*innen, Verbraucher*innen, der Natur und kommender Generationen weltweit in Einklang gebracht werden.

Anhand von 12 Zukunftsthesen möchten wir unsere Vision für ein zukunftsfähiges Landwirtschafts- und Ernährungssystem und ein gutes Leben in ländlichen Räumen erläutern:

  1. Ländliche Räume sind attraktive Lebensmittelpunkte, da sie nicht nur die Ernährung der Bevölkerung sichern, sondern auch Ökosysteme intakt halten und Lebensräume sowie Naherholung bieten. Durch regenerative Landnutzung wird die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie die Qualität von Wasser, Böden und Luft erhalten und verbessert.
  2. Die biologische Vielfalt wird als Grundpfeiler unseres Daseins anerkannt und dementsprechend erhalten. Das Bild der Agrarlandschaft ist geprägt von struktureller Vielfalt. Landwirtschaftliche Flächen umfassen Trittsteinbiotope wie Blühflächen, Hecken und Grünstreifen, auf Pestizideinsatz wird weitestgehend verzichtet. Jegliche Aktivitäten, die der Biodiversität schaden und somit die Funktionsfähigkeit von Agrarökosystemen gefährden, werden verhindert.
  3. Der Mensch bezieht Eiweiß vorrangig aus pflanzlichen Quellen und der Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Produkten ist gering. Tiere werden unter hohen Tierschutzstandards gehalten und sind über den ländlichen Raum verteilt. Tiere werden mit hofeigenen oder regionalen Futtermitteln versorgt. Regionen mit vormals hohen Tierbeständen haben zusammen mit den betroffenen Betrieben einen Umbau der Tierhaltung erfolgreich vollzogen und ihre Tierbestände deutlich reduziert. Betroffene Betriebe haben sich alternative Einkommensmöglichkeiten erschlossen.
  4. Die Landwirtschaft ist global gerecht und souverän gestaltet, alle Menschen haben Zugang zu ausreichend und guten Nahrungsmitteln, die ökologisch, sozial gerecht und vorrangig lokal produziert werden. Es herrscht weder Nahrungsmangel noch Über- oder Fehlkonsum. Lebensmittel werden nicht verschwendet, da die Bevölkerung guten Lebensmitteln einen hohen Wert zumisst.
  5. Landwirt*innen führen ihren Beruf gerne und zu fairen Bedingungen aus. Ihr Einkommen wird aus kostendeckenden Erzeugerpreisen erwirtschaftet, sodass gesellschaftliche Teilhabe, Altersvorsorge und die Einstellung von Arbeitskräften im Falle eines Ausfalls möglich sind. Die Gesellschaft schätzt den Berufsstand für die Lebensmittelerzeugung und den positiven Beitrag zu Umwelt- und Naturschutz.
  6. Verbraucher*innen konsumieren vorrangig regionale Produkte und kennen den Erzeugungsprozess. Die Verarbeitung von Lebensmitteln findet vermehrt regional statt. Unter anderem durch die Zunahme von demokratisch strukturierten Genossenschaften und Solidarischer Landwirtschaft ist das Bewusstsein für eine gerechte Aufteilung von Kosten, Risiko und Ertrag entstanden.
  7. Die Landwirtschaft arbeitet in weitgehend geschlossenen Stoffkreisläufen. Materialien und Nährstoffe, die während der Produktion, des Konsums und der Abfallbeseitigung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln genutzt werden, zirkulieren regional. Regionale Nährstoffverluste wurden durch das Schließen der Stoffkreisläufe aufgelöst.
  8. Die Landwirtschaft in Deutschland führt weder explizit noch implizit zu negativen sozialen oder ökologischen Folgen in Drittländern. Die ökologischen und ökonomischen Bedingungen für Kleinbäuer*innen und Beschäftigte in der Landwirtschaft weltweit ermöglichen ein stabiles Einkommen und soziale Teilhabe. Der uneingeschränkte Zugang zu Wasser, Acker- und Weideland, Saatgut und Bildung ist sichergestellt.
  9. Öffentliche Mittel werden ausschließlich an Ökosystemleistungen und die damit verbundene Arbeit geknüpft, daher werden Landwirt*innen für ihre übergesetzlichen Leistungen im Umwelt-, Natur- und Klimaschutz honoriert.
  10. Die Landwirtschaft ist klimafreundlich. Dazu trägt der Systemwechsel in der Tierhaltung ebenso bei wie kurze Transportwege für landwirtschaftliche Erzeugnisse oder der Verzicht auf synthetische Düngemittel. Gleichzeitig führen der Erhalt von Wäldern durch eine Verringerung des Landnutzungswandels, die Wiedervernässung von Mooren und ein vermehrter Humusaufbau dazu, dass Treibhausgassenken erhalten und geschaffen werden. Durch eine große Vielfalt standortangepasster Sorten, Anbau einer ausgewogenen Fruchtfolge und durchgehende Bodenbedeckung wird die Landwirtschaft resilienter gegen die Folgen der Klimaerwärmung.
  11. Die Anzahl der Höfe ist stabil bis steigend, junge Menschen jeden Geschlechts empfinden den Beruf als attraktiv und ergreifen ihn gerne. In der Ausbildung werden Themen, die für den hier skizzierten Systemwechsel unabdingbar sind, behandelt: Tierwohl, Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft, Systemleistungen, Umwelt-, Arten-, Wasser-, Boden- und Klimaschutz. Landwirt*innen werden bei der klimafreundlichen Ausrichtung ihres Betriebs unterstützt.
  12. Die Vergabe von Land und die Verpachtung orientiert sich am Gemeinwohl. Die Möglichkeit an Boden zu kommen und selbst Landwirtschaft zu betreiben, ist für Junglandwirt*innen einfach gestaltet.

Hier findet ihr die Zukunftsvision im pdf-Format.

Unterzeichner*innen

Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUNDjugend) e.V.

Junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (jAbL)

NAJU (Naturschutzjugend im NABU)

Junges Bioland e.V.

Bündnis Junge Landwirtschaft e.V.

Junge Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (jAöL) e.V.

Nyéléni.de

Naturfreundejugend Deutschlands

Tierschutzjugend im Deutschen Tierschutzbund e.V.

Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung (DJN)

Deutsche Wanderjugend

Deutsche Schreberjugend Bundesverband e. V.

WWF Jugend

Slow Food Youth Deutschland

Kontakt: Myriam Rapior | myriam.rapior@bundjugend.de – Mitglied im Bundesvorstand der BUNDjugend und Jugendvertreterin in der Zukunftskommission Landwirtschaft