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Offener Brief an Annalena Baerbock

Klima,  Politik

Keine Lobbyist*innen mit klimaschädlichen Geschäftsmodellen in den Regierungsdelegationen zur COP29

An die Bundesaußenministerin
Frau Annalena Baerbock
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin

Staatssekretärin Jennifer Morgan
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin

November 2024

Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Frau Staatssekretärin,

wir wenden uns heute an Sie, um Sie darum zu bitten, Lobbyist*innen mit klimaschädlichen Geschäftsmodellen keinen privilegierten Zugang zur Weltklimakonferenz zu gewähren. Angesichts des erheblichen Einflusses der fossilen Industrie auf den politischen Aushandlungsprozess zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens ist dies eine dringliche Notwendigkeit. Die Erde erlebte gerade die heißesten zwölf Monate ihrer Geschichte. In ganz Europa haben rekordverdächtige Hitzewellen und verheerende Überschwemmungen die Menschen und die landwirtschaftlichen Betriebe in Atem gehalten und mitunter vor existentielle Bedrohungen gestellt. Diese Entwicklungen wären vermeidbar gewesen. Doch zu lange hat die fossile Industrie – dazu zählen wir auch ihre größten Nutzer, wie z.B. die Agrarindustrie – Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung verhindert, verzögert oder verwässert. Ihre Stimmen haben das Gespräch viel zu häufig dominiert.

Beispielsweise gab es allein während der letzten Amtszeit von EU- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fast 900 Treffen der Europäischen Kommission mit Lobbyist*innen der fossilen Industrie. Und auch bei den Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen sehen wir eine extreme Präsenz der fossilen Konzerne, die enorme Ressourcen einsetzen, um die Energiewende aufzuhalten.

Mindestens 2.456 Lobbyisten für fossile Brennstoffe erhielten im vergangenen Jahr Zugang zur Weltklimakonferenz in Dubai. Dies stellt eine noch nie dagewesene Präsenz von Vertreter*innen einiger der größten Umweltverschmutzer der Welt bei der COP dar, so eine Analyse der Koalition „Kick Big Polluters Out“. Besonders problematisch ist es, wenn eben diese Lobbyist*innen als Teil der offiziellen Regierungsdelegationen auftreten. So brachte Russland in seiner Delegation zur COP27 unter anderem sechs Lobbyist*innen des Staatskonzerns Gazprom mit, ebenso wie Vertreter*innen von Lukoil und dem Bergbauunternehmen
Severstal. Auch europäische Delegationen verzeichneten über 130 Lobbyist*innen klimaschädlicher Industrien: Im Jahr 2023 nahmen zum Beispiel Führungskräfte von ExxonMobil, BP und Eni mit offiziellen Bändchen der Europäischen Union an der Weltklimakonferenz teil.

Durch ihre Einbindung in Regierungsdelegationen erhalten diese Lobbyist*innen privilegierten Zugang zu den offiziellen Regierungsgesprächen und deren Teilnehmer*innen – und damit erheblichen Einfluss. Dies entspricht nicht unseren Vorstellungen einer fairen Interessenvertretung.

Wir, die Unterzeichnenden, bitten Sie daher, Maßnahmen zu unterstützen, die die Politik vor dem unverhältnismäßigen Einfluss von Lobbyist*innen der fossilen Energien schützen. Der erste Schritt dazu ist aus unserer Sicht, dass die Bundesregierung sich zu der offenbar bestehenden Praxis, Lobbyist*innen der fossilen Industrie grundsätzlich nicht als Teil der Regierungsdelegation zu den UN-Klimagesprächen mitzunehmen, auch öffentlich verpflichtet. Auch über die sogenannten „Party Overflow“-Ausweise sollten fossile Lobbyist*innen keinen Zugang erhalten. Bitte setzen Sie sich des Weiteren dafür ein, dass auch andere Regierungen diesen Lobbyist*innen grundsätzlich keinen Platz mehr in Regierungsdelegationen überlassen – zuallererst die Delegation der EU.

Ähnliche Aufforderungen haben Organisationen in vielen europäischen Ländern und auf EU-Ebene in dieser Woche an ihre Regierungen und die EU-Institutionen geschickt. In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir mit freundlichen
Grüßen.
Nina Katzemich im Namen der folgenden Organisationen

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